Die Einführung des „Gebäudetyp E“ zielt darauf ab, den Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen und kostengünstiger zu gestalten. Dabei steht das „E“ für „einfach“ und signalisiert eine Vereinfachung bestimmter Bauvorschriften. Insbesondere im Bereich der Elektroinstallation wirft dieser Ansatz jedoch Fragen hinsichtlich Sicherheit, Normenkonformität und langfristiger Nutzbarkeit auf.
Zielsetzung des Gebäudetyp E
Der Gebäudetyp E wurde vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) sowie vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) initiiert, um flexiblere und kostengünstigere Bauweisen zu ermöglichen. Die dazu veröffentlichte „Leitlinie und Prozessempfehlung“ soll es Bauunternehmen und Handwerkern erlauben, ohne ausdrückliche Vereinbarung von bestimmten technischen Normen abzuweichen, ohne dabei die Sicherheit zu gefährden. Ziel ist es, mehr Wohnraum zu schaffen und die Bauwirtschaft anzukurbeln.
Kontroverse um Elektroinstallationsstandards
Ein zentraler Diskussionspunkt ist die Anzahl der erforderlichen Steckdosen in Wohnungen. Die Leitlinie behauptet, dass eine Dreizimmer-Wohnung mit 75 Quadratmetern laut DIN-Norm mindestens 47 Steckdosen aufweisen müsse. Diese Angabe wurde trotz fachlicher Hinweise als fehlerhaft identifiziert, da die zitierte Norm lediglich eine Empfehlung darstellt und nicht verpflichtend ist. Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) betont, dass die Leitbildfunktion der Norm zwar begrüßenswert sei, jedoch keine Verbindlichkeit besitze.
Kostenersparnis versus Komfort und Sicherheit
Befürworter des Gebäudetyp E argumentieren, dass eine Reduzierung der Steckdosenanzahl in einer Dreizimmer-Wohnung auf 24 zu erheblichen Kosteneinsparungen führen könne. Der ZVEH schätzt jedoch, dass die Einsparungen lediglich im mittleren dreistelligen Bereich liegen würden. Zudem könnte eine geringere Anzahl an Steckdosen den Wohnkomfort mindern und bei späteren Nachrüstungen zu höheren Kosten führen. Erfahrungen zeigen, dass ein Mangel an Steckdosen oft zur Nutzung von Mehrfachsteckdosen führt, was das Brandrisiko erhöht.
Bedeutung der Normen für die Elektroinstallation
Die Annahme, dass in Normen festgelegte Anforderungen verzichtbar seien, wird vom ZVEH als problematisch erachtet. Diese Normen wurden entwickelt, um die Sicherheit in der Elektrotechnik zu gewährleisten. Angesichts der zunehmenden Anzahl elektrischer Geräte in Haushalten und der Verbreitung dezentraler Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen ist die Einhaltung dieser Normen von zentraler Bedeutung. Zwar sollten Normen für freiwillige technische Lösungen bestehen, die von E-Handwerkern angeboten werden können, jedoch muss klar erkennbar sein, welche Normen optional sind und welche nicht.
Kritik an der Praxistauglichkeit des Gebäudetyp E
Vertreter der Bauwirtschaft begrüßen zwar die Einführung des Gebäudetyp E als sinnvollen Impuls, bemängeln jedoch die fehlende Praxistauglichkeit und rechtliche Klarheit. Es wird befürchtet, dass ohne klare Regelungen zur Belebung der Baukonjunktur und Senkung der Kosten Rechtsunsicherheit und steigende Haftungsrisiken drohen. Zudem wird kritisiert, dass das Gesetz nur für Verträge zwischen fachkundigen Firmen gelten solle, was private Bauherren ausschließt.
Ausblick
Die Einführung des Gebäudetyp E bietet Potenzial für kostengünstigeres und flexibleres Bauen. Dennoch müssen Aspekte der Sicherheit und des Komforts, insbesondere im Bereich der Elektroinstallation, sorgfältig abgewogen werden. Eine klare Differenzierung zwischen optionalen und unverzichtbaren Normen sowie eine transparente Kommunikation zwischen Bauherren und Fachkräften sind essenziell, um die Vorteile des Gebäudetyp E voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten.