Debatte über Enteignung von Immobilienunternehmen nimmt Fahrt auf

03.10.2025 | NEWS

Die Diskussion über die mögliche Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen in Berlin nimmt erneut Fahrt auf. Eine Initiative hat einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, nachdem sie die Umsetzung des ersten Volksentscheids von 2021 durch die Politik als unzureichend bewertet. Ziel ist es, rund 220.000 Wohnungen großer Immobilienkonzerne in Landeseigentum zu überführen.

Neuer Gesetzentwurf soll zweiten Volksentscheid vorbereiten

Vier Jahre nach dem ersten Votum, das mehrheitlich für eine Enteignung großer privater Wohnungsanbieter ausfiel, drängt die Initiative auf konkrete gesetzliche Regelungen. Ihr Entwurf sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen einen Großteil ihres Bestands an eine öffentliche Einrichtung des Landes Berlin abgeben. Lediglich ein kleiner Restbestand könnte privat bleiben.

Finanzierungsmodell und Entschädigung

Die Entschädigung der betroffenen Unternehmen soll bei 40 bis 60 Prozent des aktuellen Marktwerts liegen und sich an den Immobilienpreisen vor der starken Preissteigerung ab 2013 orientieren. Insgesamt kalkuliert die Initiative mit Kosten zwischen acht und 18 Milliarden Euro. Die Finanzierung soll über langfristige Schuldverschreibungen erfolgen, die durch Mieteinnahmen abgezahlt werden. Geplant ist ein Rückzahlungszeitraum von bis zu 100 Jahren.

Juristische Unsicherheiten

Fachleute erwarten umfangreiche Gerichtsverfahren. Sowohl der Berliner Senat als auch betroffene Immobilienunternehmen könnten die Rechtmäßigkeit des Gesetzes und die Höhe der Entschädigungen anfechten. Streitpunkte dürften insbesondere die Bewertung der Immobilien sowie die Auslegung von Artikel 15 des Grundgesetzes sein, der die Vergesellschaftung zum Wohle der Allgemeinheit erlaubt. Die Initiative verweist auf ein Gutachten einer Expertenkommission, die 2023 die grundsätzliche rechtliche Möglichkeit bestätigte, erwartet aber selbst, dass am Ende das Bundesverfassungsgericht entscheiden könnte.

Politische und gesellschaftliche Dimension

Die Debatte zeigt die Spannungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Befürworter sehen in der Vergesellschaftung eine Chance, Mieten langfristig stabil zu halten und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Kritiker warnen dagegen vor hohen Kosten, unsicherer Rechtslage und möglichen negativen Effekten auf den Wohnungsneubau. Die politische Auseinandersetzung dürfte die Stadt noch mehrere Jahre beschäftigen, bevor ein zweiter Volksentscheid frühestens 2027 über das Gesetz entscheiden könnte.

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