Davon träumen wir alle: Ein Beton, der nicht verwittert, sondern sich selbst erneuert. Endlich Schluss mit Rissen und Bauschäden, wie sie zurzeit den Ingenieuren am Holocaust-Mahnmal in Berlin Kopfzerbrechen bereiten. Zwei Drittel der Stelen sind soweit zerstört, dass sie nicht mehr repariert werden können. Mit Bio-Beton wäre dieses Desaster nicht passiert. Doch was hat es mit dem Wunder-Beton tatsächlich auf sich?
Das unsichtbare Geheimnis der biologischen Kräfte
Welche Zauberkräfte lassen den Beton wachsen und seine Risse wieder verschwinden? Zwei Bakterien – Bacillus pseudofirmus und Sporosarcina pasteurii – die normalerweise in alkalischen Seen vorkommen, hat der Meeresbiologe Hendrik Marius Jonkers in kleinen Tonpellets in Beton implantiert. Die Bakterien können als Sporen in diesem inaktiven, eingekapselten Zustand bis zu 200 Jahre überleben. Erst wenn Wasser eindringt, also wenn der Beton porös wird, werden die Mikroorganismen aktiv. Sie stellen mithilfe von Kalziumlaktat und Sauerstoff Kalkstein als Stoffwechselprodukt her. Der Kalkstein repariert Risse bis zu 8 mm Breite.
Und wann bauen wir mit lebendem Betonstein?
Noch 2015 – so der Plan – soll der Bio-Beton auf dem Markt konkurrenzfähig sein, als flüssige Reparaturlösung, als Reparaturmörtel und als sich selbst regenerierender Beton. Allein der Preis des Wunderbetons ist noch astronomisch. Deshalb forschen die Meeresbiologen weiter an einem zuckerhaltigen Ersatzstoff für das teure Kalziumlaktat.
Unser Traum könnte tatsächlich in Erfüllung gehen, wenn es Jonkers und seinem Team gelingt, billigere Nährstoffe für die beiden Bakterienarten zu implantieren. Den Europäischer Erfinderpreis 2015 in der Kategorie Forschung gönnen wir den Holländern von Herzen.