Viele Grundstückseigentümer haben sich bereits damit abgefunden, dass sie, wenn der Nachbar baut, keinen Anspruch auf die Beibehaltung einer bestehenden schönen Aussicht oder einer bestimmten Lage am Ortsrand haben. Dieser höchstrichterlich geprägte Rechtsgrundsatz (BVerwG 4 BN 38.00; IBR 2000, 559) gilt jedoch nicht in allen Fällen. Unter Berufung auf seine bisherige Sicht auf die freie Landschaft kann sich der Eigentümer in bestimmten Konstellationen erfolgreich gegen ein Bauvorhaben des Nachbarn wehren.
Gebot der Rücksichtnahme bei geplanten Bauvorhaben
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Nachbar die Erlaubnis erhält, auf einem großen Wiesengrundstück direkt vor der Terrasse und dem Wohnhaus des Eigentümers einen Gartenschuppen zu bauen, dies aber nur tut, um den Eigentümer zu schädigen. Das Gebot der Rücksichtnahme wird durch ein solches Bauvorhaben verletzt. Es liegt ein Verstoß gegen das Belästigungsverbot zum Nachteil des Eigentümers vor. Dies hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in einem Urteil vom 15. April 2008 entschieden (Az.: 8 S 98/08, ibr-online).
Schikanierung und Schädigung des Grundstücksnachbarn
Wenn die Errichtung eines Gebäudes auf einem Grundstück keinem anderen Zweck dient als der Schädigung des Nachbarn und der Bauherr kein schützenswertes Eigeninteresse hat, liegt eine Belästigung vor. Unerheblich ist in diesem Fall auch, ob das genehmigte Bauvorhaben die Abstandsvorschriften und andere baurechtliche Normen einhält. Stellt sich heraus, dass es sich um einen Alternativstandort handelt, ist das Vorhaben baurechtlich unzulässig, weil es offensichtlich nur zum Zwecke der Schädigung verwirklicht werden soll.
Belästigungsverbot: Hauptstreitpunkt bei Nachbarschaftsstreitigkeiten
Das immer wieder erklärte Recht auf einen schönen Ausblick bekommt mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg eine neue Bedeutung. Wenn der oder die Betroffene Grundstückseigentümer/in nachweisen kann, dass der einzige Grund für die Bebauung darin besteht, seine Aussicht oder seinen Aussichtspunkt zu verbauen, kann er sich gegen ein benachbartes Bauvorhaben wehren. In der Praxis wird es wohl nur wenige Konstellationen geben, in denen dieser Nachweis gelingt. In jedem Fall wird der Bauherr argumentieren, dass der gewählte Standort objektiv notwendig oder einer Alternative vorzuziehen ist. Wird jedoch der wahre Grund für die Baubeschränkung aufgedeckt, riskiert der Bauherr, dass sein Projekt von den Gerichten gestoppt wird. Das Verbot der Belästigung wird daher zu einem der Hauptstreitpunkte bei künftigen Nachbarschaftsstreitigkeiten werden. Es bleibt abzuwarten, wie oft die Gerichte Verstöße gegen das Belästigungsverbot feststellen können.
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